Geschichte: Al-Andalus

Der Beginn der Omayyaden-Dynastie:
Die Geschichte von Abd-el-Rahman I.

Zu der Zeit, als in Andalusien ständige Streitereien zwischen den Stämmen die Unruhe schürten, wurde auch das Kalifat selbst in Damaskus in seinen Grundfesten erschüttert. Die Kalifen aus der alten Dynastie der Omayyaden wurden um das Jahr 750 von einer anderen Adelsfamilie, den Abbasiden, die sich auf ihre Abstammung von Mohammeds Onkel Abbas beriefen, herausgefordert. Es kam zu blutigen Übergriffen. Die Abbasiden brachten den Thron mit Gewalt an sich und begannen eine erbarmungslose Jagd auf ihre besiegten Rivalen. Die Omayyaden und auch ihre Anhänger im Volk wurden gnadenlos verfolgt. Nur den beiden Enkelsöhnen des letzten Omayyaden-Kalifen, zwei jungen Männern von 20 Jahren namens Yahya und Abd ar-Rahman, gelang es, sich in die Wüste zu den Beduinen zu flüchten. Doch die Abbasiden spürten die beiden Brüder auf und ermordeten Yahya. Abd ar-Rahman rettete sich, indem er allein mit seiner Schwester und seinem vierjährigen Sohn über den Euphrat schwamm und floh, wie viele andere Verfolgte, nach Syrien und dann nach Nordafrika.

Nun war Abd ar-Rahman in jungen Jahren geweissagt worden, daß er das Erbe seiner königlichen Familie weitertragen würde. So begann der junge Flüchtling seinen Weg ins Exil, ohne seine Ziele zu vergessen. In Nordafrika, wo die Lage nach der Palastrevolution in Damaskus ebenfalls unruhig geworden war, konnte er jedoch wenig ausrichten. So sah er bald sein Leben erneut in Gefahr und zog mit einigen treuen Gefährten weiter nach Westen. Seine Mutter war eine Frau aus dem Volk der Berber gewesen, das noch heute in Marokko und Mauretanien in der Wüste lebt. Dort konnte Abd ar-Rahman Zuflucht suchen.

Im Jahre 755 hielt er sich an der Nordküste bei Ceuta versteckt und nahm von dort aus Kontakt mit Leuten aus Andalusien auf, die sich seit langem den Omayyaden verpflichtet fühlten. Durch diese Verbündeten erfuhr er von der Lage in Andalusien, wo ein Mann namens Yusuf das Land mehr schlecht als recht unter Kontrolle hielt. Abd ar-Rahman erkannte seine Chance und begab sich mit seinen Gefolgsleuten nach Spanien.

Yusuf erkannte schon bald den Ernst der Lage und bot ihm Verhandlungen, ja sogar seine Tochter und ein Lehen an. Abd ar-Rahman hätte fast eingewilligt, da er über keine große Streitmacht verfügte, doch es kam zu einem Zwischenfall. Einer der spanischen Höflinge Yusufs hatte den Omayyadenführer Obeidallah mit den Worten beleidigt, dieser könne kein gutes Arabisch schreiben. Darauf antwortete Obeidallah mit dem Schwert. Es kam zur Fehde, und Abd ar-Rahman mußte sich seinem Gegner stellen. Mit einer kläglichen Armee – man sagt, er selbst habe das einzige Pferd geritten und habe nicht einmal ein Banner gehabt, so daß aus einer Lanze mit einem aufgesteckten grünen Turban ein Feldzeichen improvisiert werden mußte – zog er gegen Yusuf ins Feld. 756 gelang ihm der Sieg. Córdoba fiel in seine Hände, und Abd ar-Rahman I., Al-Dakhil (der Einwanderer), begründete das Emirat von Córdoba unter der Herrschaft der Omayyaden. Die Prophezeiung hatte sich erfüllt.

Während seiner Herrschaftszeit war Abd ar-Rahman vor allem mit der Befriedung seines Landes beschäftigt. Er galt als weiser, intelligenter Mann, herrschte aber dennoch mit eiserner Hand und ging unbarmherzig gegen alle Aufständischen und Rebellen vor. Da gab es nach wie vor die Aufrührer aus Berber- und Araberstämmen, fanatische christliche Märtyrer-Sekten und sogar Söldner der Abbasiden aus dem fernen Damaskus. Nichtsdestotrotz gelang es dem Einwanderer, das Land bis zu seinem Tode 788 einigermaßen zu befrieden. Seine Familie, die Omayyaden, beherrschte al-Andalus bis 1031.